Streetwork in Gütersloh
Wenn man an den Gütersloher ZOB oder den Rathausplatz kommt, sieht man nicht nur den geschäftigen Alltag einer Stadt, sondern auch zwei Frauen, die mit viel Herz und Engagement dort sind, wo Jugendliche ihren Platz suchen: Beatrice Schmal (31) und Bega Majewski (30), die Streetworkerinnen der Stadt Gütersloh
Seit Beginn des Jahres beziehungsweise Herbst 2024 sind sie Teil eines bemerkenswerten Projekts der Arbeiterwohlfahrt, das weit mehr ist als nur ein Job – es ist eine Mission, Brücken zu bauen, Räume zu öffnen und junge Menschen aufzufangen, die oft am Rand der Gesellschaft stehen.
Mit einem Bulli unterwegs
„Wir sind nicht die Feuerwehr, die nur dann kommt, wenn es brennt“, erklärt Beatrice Schmal, die mit 31 Jahren bereits viel Erfahrung in der Sozialarbeit mitbringt. Vielmehr verstehen sich die beiden als Begleiterinnen, die präventive Angebote schaffen – Orte des sozialen Miteinanders, der sportlichen Betätigung, der Diskussion und auch der Erholung.
„Unsere Arbeit ist es, da zu sein, wo die Jugendlichen sind – sei es am ZOB, den manche Passanten als Angstraum wahrnehmen, auf Schulhöfen oder in Stadtteilen wie Kattenstroth und Blankenhagen, die sonst oft nicht erreicht werden“, ergänzt Bega Majewski. Die beiden Frauen sind mit einem Bulli unterwegs, der jeden Dienstag am ZOB steht – ein kleiner, aber wichtiger Ankerpunkt für die Jugendlichen. Hier entstehen Gespräche, die manchmal ganz unverhofft beginnen. „Wir bieten nicht nur Beratung an, sondern auch kreative Kunstprojekte oder gemeinsames Armbänderbasteln.
So kommen wir leichter ins Gespräch“, sagt Beatrice. Die Jugendlichen entscheiden selbst, ob sie diese Angebote annehmen – und Behörden. „Wir versuchen, ihnen zu zeigen, wie man sich hier in Deutschland zurechtfindet, und bauen Brücken zwischen den Kulturen“, erklärt Bega. Dabei sind es oft die kleinen Schritte, die zählen: „Den Jugendlichen kurzfristig Frustrationen zu nehmen, ist schon ein großer Erfolg.“ Sie kommen übrigens auch oft zu Bea und Bega, um neue Ideen mit einzubringen – nicht nur Probleme werden besprochen.


Einige Jugendliche kennen die Streetworkerinnen inzwischen persönlich, einige davon gehören zu Stammgruppen, andere kommen und gehen. Drei bis vier junge Menschen erhalten gleichzeitig intensive Einzelfallhilfe. „Ich hatte gerade eine Gruppe, die eine Ausbildungsstelle gesucht hat“, berichtet Beatrice. Die Lebensrealitäten der Jugendlichen sind vielfältig: Manche sind obdachlos, andere leben in schwierigen familiären Verhältnissen. Viele verbringen ihr Zeit in der Stadt, weil sie sich zu Hause nicht wohlfühlen.
Gemeinsame Projekte
Trotz aller Herausforderungen gibt es auch Erfolgserlebnisse. „Man sieht, wie sich Kontakte entwickeln, wie Vertrauen wächst und wie Jugendliche langsam ihren Weg finden“, sagt Bega. Doch die treetworkerinnen wissen um die Grenzen ihrer Arbeit. „Es gibt auch viele erwachsene wohnungslose Menschen in Gütersloh, denen geholfen werden müsste. Streetwork sollte eigentlich ausgeweitet werden“, so Beatrice.
Die Zusammenarbeit mit der Mobilen Jugendarbeit der Stadt, insbesondere mit Gerhard Ebbing, ist eng und produktiv. Gemeinsame Projekte wie die Streetsoccer-Anlage auf dem Schulhof der Altstadtschule bringen Bewegung und Gemeinschaft in den Alltag der Jugendlichen. Sport, Spiel und gemeinsame Aktionen sind wichtige Bausteine, um
Jugendlichen einen Raum zu geben, in dem sie sich frei entfalten können. „Wir wollen eine Party ohne Konsumzwang organisieren, wo man ‚kontrolliertes Chaos‘ machen kann“, erzählt Bega mit einem Lächeln.
Jugendliche mit unglaublichen Talenten
Was Gütersloh aus Sicht der Streetworkerinnen fehlt, ist vor allem eines: das Gefühl für die Jugendlichen, hier wirklich willkommen zu sein. „Die Stadt sollte froh sein, wenn ihre Innenstadt durch junge Menschen belebt wird. Die Jugendlichen haben unglaubliche Talente – manche spielen Cricket, machen Musik. Sie brauchen nur den Raum und das Vertrauen“, sagt Bega. Die Arbeit von Beatrice Schmal und Bega Majewski ist ein stiller, aber kraftvoller Beitrag für eine Stadt, die ihre Jugend nicht aus den Augen verlieren darf. Sie sind die Stimmen, die Brücken bauen, die Helferinnen, die begleiten, und vor allem die Menschen, die da sind, wenn es darauf ankommt. „Wir sind für die Jugendlichen da – so wie sie sind“, fasst Bega zusammen. Und genau das macht ihre Arbeit so wertvoll und beeindruckend.
Fotos: Sebastian Krysiak