Der tiefstapelnde Hobby-Fotohändler
Rainer Schorcht könnte es sich längst einfach nur gutgehen lassen – aber dann wäre er nicht Rainer Schorcht. Die Geschäfte hat er vor 15 Jahren seiner Tochter übergeben. Und doch kann es der Mann nicht lassen – nicht als Fotohändler und nicht als Lobbyist. Sein Gütersloher Lieblingsplatz ist das Palmenhaus-Café im Botanischen Garten. Thorsten Wagner-Conert hat ihn dort auf eine Eiskaffee-Länge getroffen.
Stadtpark und Botanischer Garten sind eine der schönsten Stellen, die es in Gütersloh gibt.“ Wer wollte dem Einzelhändler widersprechen? Aber er liefert im gleichen Atemzug einen weiteren Grund für seinen Lieblingsplatz „Palmenhaus-Café“: „Rainer Schenke, der Betreiber, ist ein wichtiges Mitglied unseres Handelsverbands-Vorstandes. Und er ist ein Kaufmann mit einer fantastischen Erfolgsgeschichte; die ganze Familie Schenke, Großvater, Vater, Söhne sind erfolgreich tätig zum Wohle der Kunden.“ Eine Lobeshymne; der Fotohändler mag Erfolgsgeschichten.
Die Leidenschaft fürs Grün und die Kaufmanns-Freundschaft sind gleichermaßen Grund, hier zu sein. „Ich war ganz traurig, als der Gütersloher Stadtrat dem Grünflächenamt Gelder weggenommen hat, denn Gütersloh ist eine der grünsten Städte Deutschlands“, piekst er die Kommunalpolitik ein wenig.
Rainer Schorcht ist auch in beeindruckendem Alter (genauer möchte er da nicht werden) noch regelmäßig im führenden seiner Fotogeschäfte in der Gütersloher Moltkestraße hinter der Theke sitzend anzutreffen. Ob Tochter Catharina das mag – die seit 15 Jahren die Geschäfte führt – mit ihm?
„Ich bin geduldeter Senior – und ich gehe heute nicht mehr einem Beruf, sondern einem Hobby nach“, stapelt Rainer Schorcht tief. „Alles, wovon ich 50 Jahre lang geträumt habe, dass es in der Fotografie möglich sein könnte, das geht heute. Und das zu vermitteln, macht mir unendlich Freude.“
Möglich ist da aber doch zuallererst, dass milliardenfach mit dem Handy fotografiert wird rund um den Erdball – und zu Lasten der konventionellen Fotografie. Rainer Schorcht sieht es differenzierter: „Es tut überhaupt nicht weh. Wir finden Handys toll, sie sind die Basis der Pyramide. Jeder fotografiert erfolgreich – und wir sind die Bild-Befreier. Wir holen die Bilder aus den Handys auf richtiges Papier.“
Erfolgreicher Fotohändler zu sein, das aber reicht Rainer Schorcht mitnichten. „Nein, das reicht nicht, weil OWL aus Sicht der Fotokonzerne Provinz ist. Überleben kann man hier nur, wenn man Mitglied einer erfolgreichen Fotokooperation ist.“ Und damit es richtig gut läuft, ist er selbst nach zig Jahren als Vorsitzender nun Ehrenvorsitzender der Ringfoto GmbH auf Lebenszeit. Geduldet und gewünscht sei er dort.
Nebenbei macht er Politik ohne Politiker zu sein, ist Stachel im Fleisch der Mandats- und Amtsträger – und er ist (unter anderem, natürlich) auch stellvertretender Vorsitzender des Handelsverbands OWL.
Als Top3 empfiehlt der Fotoprofi in Gütersloh unbedingt „seinen“ Stadtpark und Botanischen Garten mit dem Café, das Ensemble aus Stadthalle, Theater und Wasserturm und die renaturierte Dalke, wo Fehler der Vergangenheit korrigiert wurden.
Wann Rainer Schorcht denn nun wirklich fertig hat? „Wenn Gott sich entschließt, meine Gesundheit einzuschränken. Mit mehreren Freunden habe ich den Deal, dass sie mir, wenn sie erste Anzeichen von Senilität an mir feststellen, das vertrauensvoll mitteilen. Dann höre ich auf.“ Diese Freunde werden den Deal vermutlich noch lange nicht einlösen müssen.