Den Tücken des Lebens auf der Spur

Sharlyne Böckmann und ihr Mann Maik lieben die gemeinsamen Samstagsrituale. Wenn sie in Gütersloh sind, dann sind sie auch gegen Mittag in der Stadt – für ein paar Erledigungen, zum Sport und für Kaffee und Kuchen danach. Und dafür braucht es einen Platz, um sich wohlzufühlen. Der Lieblingsplatz der geborenen Südafri- kanerin? Das Café Bohne am Alten Kirchplatz.

Sie kennt alle Cafés dieser Stadt, aber das erste unter allen ist für Sharlyne Böckmann das kleine Fachwerkhaus, dessen Außenplätze in Richtung Berliner Straße viele Beobachtungen zulassen und einfach Genuss sind. Und zudem sind die Gäste offen und freundlich – und Café-Betreiberin Christine ist Südafrika-Fan.
Das verbindet. Sport und Kuchen gehen keine natürliche Verbindung miteinander ein. „Das stimmt“, lacht Sharlyne Böckmann, „aber das ist eben unser Ritual – Kaffee und Kuchen sind sehr deutsch, das kannte ich vorher nicht.“
Seit 23 Jahren lebt die in Durban geborene in Deutschland und hat hier gemacht, was von ihr erwartet wurde: Englisch ist ihre Muttersprache, also lernte sie deutsch und erbrachte auch sonst fleißig Integrationsleistungen.
Die gut gelaunte Frau kam nicht direkt aus Durban. Sie lebte in Vancouver in Kanada. Dort lernte sie ihren späteren Mann kennen, der jobmäßig in Toronto unterwegs war. Der Miele- Mann war dann auch der beste Grund, Kanada gegen Gütersloh-Spexard als Heimatort einzu- tauschen. Zuerst war Ostwestfalen für Sharlyne Böckmann eine Herausforderung, aber: Die Nachbarn sind klasse, man hilft sich, hat Spaß miteinander. Jedes Jahr geht es nach Südafrika zur Familie und zu Freunden. „Zwei Wochen reichen dann aber auch, dann will ich immer nach Hause“, und dieses Zuhause ist eben schon
lange Gütersloh. Die Ur-Urgroßeltern übrigens kamen in Zeiten der Sklaverei aus Indien nach Südafrika. Heute ist Südafrika „Rainbow- Nation“, wie Sharlyne Böckmann sagt – eben eine bunte Gesellschaft, in der viele Menschen halt auch einen indischen Einschlag haben.

Sharlyne Böckmann vor dem Café Bohne

Die Frau hat einen spannenden Job in Frankfurt, kann aber remote, wie das so neudeutsch heißt, von zuhause aus arbeiten: Sie ist Pharmaforscherin, die in Kanada mit klinischer Forschung zu kardiologischen Fragen angefangen hatte. „Das ist meine Passion“, sagt sie über ihre Arbeit, der sie von Gütersloh aus als Direktorin für die DACH-Region und Südafrika mit 150 Mitarbeitenden nachgeht. Deutschland sei ein ganz wichtiges Land für die Forschung, betont sie. „In der Onkologie-Forschung kommen wir richtig voran“, sagt sie und benennt weitere Themenfelder: Man kümmere sich forschend um Übergewichtigkeit beispielsweise – und in Südafrika und Kenia arbeite man an vielen HIV-Impf-Studien. „Hier forschen wir derzeit an Mutter- und Kind-Impfungen mit 10.000 Menschen. Man kann sehr gut sehen, was die Medikamente bewirken“, sagt Sharlyne Böckmann, die bedauert, dass US-Präsident Donald Trump die finanzielle Förderung gestrichen habe. Nun arbeite man mit einer US-amerikanischen Stiftung. Und sie freut sich über die Fortschritte: Im Sommer 2025 wurde ein völlig neuer Ansatz zur Verhinderung von HIV-Infektionen zugelassen. Man merkt Sharlyne Böckmann ihr Brennen für den verantwortungsvollen, spannenden Beruf an, der sie viel durch die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) reisen lässt. Sie zieht ihren Gesprächspartner in den Bann, fesselt mit ihrer Expertise – und gibt sich gleichermaßen entspannt. Kein Wunder, denn schon greift sie wieder zu Kaffee und Kuchen im Café Bohne, „das habe ich von meinem Mann gelernt“. Und so bekommt jede leidenschaftliche Berufs-Woche einen ebenso leidenschaftlichen Genuss-Abschluss.

Fotos: Thirsten Wagner-Conert

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