200 Jahre zwischen Kaff und Kosmos
„Gütersloh super acht reloaded“ hat am Sonntag Premiere
Es sollte nur eine Neuauflage von „Gütersloh super acht“ werden, der beliebten Filmreihe des Verkehrsvereins, die über zehn Jahre hinweg Menschen ins Kino lockte. Entstanden ist jedoch eine ganz besondere Dokumentation mit wertvollen Zeitzeugenberichten: „Gütersloh – 200 Jahre zwischen Kaff und Kosmos“ hat am kommenden Sonntag, 13. Juli, um 11 Uhr im Programmkino Bambi-Löwenherz an der Bogenstraße Premiere. Früh da sein wird empfohlen, der Eintritt ist wie bei allen Gütersloher-Sommer-Veranstaltungen des Verkehrsvereins frei.
Mit diesem Projekt zum Stadtjubiläum, das unter anderem von der Stadt Gütersloh, der Gütersloh Marketing und der Bürgerstiftung Gütersloh unterstützt wird, geht der Verkehrsverein nun in die heiße Phase des Gütersloher Sommers. Im gut einstündigen Film, den der Gütersloher Kai Uwe Oesterhelweg zusammen mit Kameramann Jan Merlin Friedrich und Hristiana Raykowa realisiert hat, verschmelzen auf der Kinoleinwand Gütersloher Geschichten, Geschichte und Gegenwart auf höchst unterhaltsame Weise. Zeitzeugengespräche, Film- und Fotomaterial aus verschiedenen Archiven und Straßeninterviews bilden das Gerüst für ein Panorama, das spannende Details aus der Vergangenheit erzählt, aber auch so etwas wie „Gütersloher DNA“ erfasst.
So erinnert sich unter anderem Altbürgermeisterin Maria Unger an die Diskussionen um den Neubau des Gütersloher Theaters, Giesbert Nunnemann, viele Jahre im Rathaus für offizielle Besuche verantwortlich, stöbert im Goldenen Buch der Stadt. Nicht nur ibewegte Bilder mit der Queen, die anno 1965 winkend durch Gütersloh fuhr, leben im Film wieder auf. Auch tumultartige Szenen beim Besuch von Michail Gorbartschow mit Ehefrau Raissa im Jahr 1992 erzählen, wie begeistert und dankbar die Menschen damals den Mann „umarmten“, der die Wiedervereinigung möglich gemacht hatte.
Aber Bilder und Erinnerungen gehen weiter zurück: Stadtarchivarin Julia Kuklik führt anhand markanter Ereignisse kenntnisreich durch lokale Geschichte seit der Stadtwerdung 1825. Der 94-jährige Rudolf Herrmann, bekannt als Experte für Eisenbahngeschichte, trägt einen Strauß wichtiger Erinnerungen aus seiner Kindheit und Jugend bei. Und Barbara Weidler, versierte Stadtführerin und langjährige Mitarbeiterin bei der Stadt Gütersloh, beschreibt humorvoll das Innenleben des „alten Rathauses“, das 1971 der Platzgestaltung in der City weichen musste.
Ein besonderes Augenmerk widmet der Film der Zeit des Nationalsozialismus – unter anderem mit einem berührenden und selten gehörten Tondokument der Gütersloherin Ellen Tarlow, Tochter einer jüdischen Familie, die ihre Erinnerungen an die Pogromnacht im November 1938 preisgibt. Nicht nur aus diesem Grund soll der Film auch als begleitendes zeitgeschichtliches Unterrichtsmaterial zur Verfügung stehen.
Es ist ein Kennzeichen dieses Films, der Kai Uwe Oesterhelweg ebenso Herzensanliegen war wie Kathrin Groth und Susanne Zimmermann, die einst „Gütersloh super acht“ konzipiert hatten, Geschichte in all ihrer Wechselhaftigkeit und Lebbendigkeit zu erzählen. So ist eine Dokumentation entstanden, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, aber viel Charakteristisches übermittelt, was auch heute noch Gültigkeit hat. „Es wäre noch unendlich viel zu erzählen über diese Stadt,“ heißt es denn folgerichtig auch im Abspann mit einem Augenzwinkern. „Deshalb freuen wir uns schon auf Teil 2 in spätestens 25 Jahren.“ Vielleicht muss es gar nicht mehr so lange dauern. Material und Geschichten gibt es noch genug.