Der Anspruchsvolle mit Bodenhaftung

Autor: Thorsten Wagner-Conert

Fotos: Thorsten Wagner-Conert

03.03.2023

Horst-Dieter Sieweke wird im Mai 83 Jahre alt. Seine gastronomische Karriere liegt jetzt schon ein wenig zurück – die Geschichte von Ravensberger Hof, Deele, Sinfonie in der Stadthalle, Skylobby … Der Mann ist eine lebende Legende. Thorsten Wagner-Conert hat ihn an seinem Lieblingsplatz getroffen – zuhause im eigenen Garten.


Text und Fotos: Thorsten Wagner-Conert

 

Wenn das Gespräch auf ihre sagenhaften 54 Jahre als Gastronom kommt, welche Geschichte erzählen Sie zuerst?

 

… dass meine Mutter völlig dagegen war, dass ich in die Gastronomie gehe – obwohl meine Eltern dieses Geschäft auch betrieben haben. Aber mein Wille war das immer. Deshalb ging ich zu Herrn Weller nach Ummeln, der hatte einen sehr guten Ruf, und da machte ich meine erste Ausbildung als Koch. Dort hatte ich eine strenge, aber gute Ausbildung und bin dann gewandert über Baden-Baden, Göttingen, Remscheid. … Als meine Mutter krank wurde, holte mich mein Vater nach Hause. Ich habe dann in der Steinhäger Quelle mehr oder weniger meine ersten Gehversuche gemacht. Das ging ganz gut, ich hatte den Umsatz bald verdoppelt. Da fühle ich mich noch ganz am Anfang ziemlich groß.

 

Was würden Sie heute jungen Leuten als Geheimtipp mit auf den Weg geben, um Karriere in der Gastronomie zu machen?

 

… Sie sollen sich Tag und Nacht damit beschäftigen und ihr Fachwissen immer erweitern. Ich hatte früher Industrielle als Gäste, die riefen auch nachts um halb 3 an, nachdem sie mit ihren Kunden durchs Bielefelder Nachtleben gezogen waren. Sie wollten dann was essen, ich hatte ein Forellenbassin, da konnten sie sich ihren eigenen Fisch keschern. Das fanden die gut mitten in der Nacht. Und ich kam so in die wichtigen Netzwerke.

 

Nach Gütersloh hat Sie ein Sparkassendirektor gelockt, der Ihnen den Kaiserhof (wo heute das Parkhotel steht) schmackhaft machen wollte…

 

…Die wollten damals 180.000 Mark als Ablöse für den Kaiserhof haben, die hatte ich aber nicht – woher auch? Und da wurde mir das Christliche Hospiz angeboten.

 

… der spätere Ravensberger Hof…

 

Ja, 50 Essen am Abend hatten wir uns zunächst als Ziel gesetzt. Das war schnell erreicht. Und ich weiß heute noch, wer wo an den Tischen gesessen hat an den ersten Abenden. Und das war der Beginn, dann ging es immer weiter vorwärts.

 

Sicher ist, Sie sind einer der wirklich Großen in der Gütersloher Gastronomie gewesen, der Grandseigneur. Wie kamen Sie zu diesem Ruf? Was ist das Rezept?

 

…Dienen. Dienen. Dienen. Das ist es. Ich hatte vor einem Jahr eine Einladung zum Geburtstag eines sehr bekannten Gütersloher Herrn. Dort waren 360 Gäste. Und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass 250 an unseren Tisch gekommen sind, mir die Hand gegeben haben und sich freuten, dass wir uns mal wiedersehen. Die haben nie vergessen, dass sie bei mir immer anrufen konnten und sich um nichts mehr kümmern mussten. Das ist dienen, dienen, dienen.

 

Sie kennen in dieser Stadt fast alle Küchen und Keller wohlhabender Gütersloher, behaupte ich mal. Was bedeutet Ihnen das Thema „Vertrauen“?

 

…Es ist elementar. Ich konnte in diesen Häusern die Weine aussuchen, hatte vollkommen freie Hand, Vertrauen eben. Oder wenn wir extern gekocht haben und die Leute statt um acht erst um halb 10 von der Jagd kamen, dann haben wir eben erst dann angefangen. Da haben die Leute gestaunt und sich immer auf uns verlassen.

 

Ich behaupte: Richtig gute Küche, im Zweifel Sterneküche, hat nur jemand verdient, der auch einer Currywurst etwas abgewinnen kann….

 

…Bei den Testern von Michelin und anderen war immer Vorsicht angesagt. Da wusste man nicht, wer gesponsert war. Und ich wollte unabhängig bleiben. Aber ich esse sehr gerne Currywurst.

 

Welches Verhältnis haben Sie zu den sogenannten „kleinen Leuten“?

 

…Die „kleinen Leute“ sind unglaublich wichtig. Jeder große Film hat einen Star, aber viele Komparsen. Ohne diese Komparsen wäre dieser Film Mist. Mitgebracht hatte ich übrigens noch aus Steinhagen das Budapester Schnitzel mit Pommes für 3 Mark 85. Das war der Renner – und darauf haben wir aufgebaut und versucht, mit der Zeit zu gehen. Wir hatten damit großen Erfolg.

 

Sie haben wahnsinnig viel Spannendes erlebt und geprägt. Nach 54 Jahren Gastro-Karriere, was ist es, was am Ende dieser Karriere bleibt? Gibt es eine Erkenntnis?

 

…Der König ist tot. Es lebe der König. Ich bin mit mir und dem Leben zufrieden. Und: ich würde es wieder so tun.

 

Oder Sie würden sich Zeit nehmen für Ihren Lieblingsplatz…

 

…Ja, und der ist genau hier. Mein Lieblingsplatz ist einwandfrei unsere Terrasse, wo wir meistens zu zweit sitzen. Beim guten Glas Wein in diesen wunderschönen Garten schauen – das ist mein allererster Lieblingsplatz.

 

Ihr Garten seit 23 Jahren…

 

…Na, eigentlich ist es der Garten meiner Frau Monika. Die hält ihn in Ordnung. Und manchmal sage ich dann wie früher: „Du machst das, du machst das… (lacht).“

 

Wann ist dieser Garten am schönsten?

 

…Ende Mai blüht hier so viel. Also dann ist es einfach ein Traum. Früher haben wir immer den Fehler gemacht und sind im Mai in Urlaub gefahren. Das tun wir heute nicht mehr.  

 

 

Horst Sieweke, einer der bekanntesten Gütersloher Gastronomen, feiert im Mai seinen 83. Geburtstag. Sein Lieblingsplatz ist die Terrasse in seinem eigenen Garten.

 

Die Fotos wurden im Februar gemacht, aber man kann sich gut vorstellen, wie hier im Frühling alles blüht. Das genießen Sieweke und seine Frau Monika sehr.

 

54 Jahre in der Gastronomie. Horst Sieweke blickt auf eine lange, erfolgreiche Karriere zurück.

 

 

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