Ihr kleiner, großer Garten

Text und Fotos: Thorsten Wagner-Conert

Gabriele Hiltl ist angekommen: im Leben, in Gütersloh, auf der schönsten Seite der Stadt. Ihre vorherige Heimatstadt, Bielefeld, die gibt es entgegen anderslautenden Behauptungen sehr wohl. Aber über Güterslohs Stadtpark, da hat sie zunächst mal gesagt: „Das gibt’s doch gar nicht.“ An der Eiswiese, ihrem Lieblingsplatz, hat Thorsten Wagner-Conert die 70-Jährige Gabriele Hiltl getroffen.

Ein großes Geschenk sei dieser Stadtpark, so empfinde sie das. Und das wird nicht gerade kleiner dadurch, dass es direkt vor ihrer Haustür liege. 
Sie müsste nicht, aber Gabriele Hiltl ist ein früh aufstehender Mensch geblieben. Dann dreht sie laufend ihre Runden an der Eiswiese, „ein besonderes Gefühl.“ Vielleicht sei ja etwas spießig, zu sagen, wie wunderbar der Park in Schuss ist: „Der wird gepflegt und die Profis mühen sich immer, dass er der Jahreszeit entsprechend gestaltet ist.“ 
Wenn sie läuft, tauche morgens hinter der „Liebesinsel“ die Sonne auf – wenn sie denn auftaucht. Beim Laufen in dieser Atmosphäre wird sie ruhiger.

„Ruhe ist etwas, was uns allgemein in der aktuellen Situation wirklich gut tut.“ Und dann spricht sie über diese merkwürdige Zeit, die Gesamtsituation. Sie sei besorgt, auch im Hinblick auf die Familie, auf die nächste Generation. Etwas hilflos stehe sie dem gegenüber: „Ich kann einfach nur hoffen, dass die Menschen, die das Sagen haben, sehr vernünftig und mit viel Verstand damit umgehen.“

Gabriele Hiltl ist angekommen: im Leben, in Gütersloh, auf der schönsten Seite der Stadt.

Sie ist aus Bielefeld gekommen, um sich spät für Gütersloh zu entscheiden: „Da ich auch nicht in Bielefeld geboren bin, bin ich auch nie eine Bielefelderin geworden“, sagt sie nüchtern. Dort hatte sie bei der Arbeitsagentur gearbeitet, aber immer eine Verbindung zu Gütersloh gehabt, „weil wir eine Dienststelle ja hier in Gütersloh haben.“ Mit ihrem Partner wollte sie etwas Neues beginnen – und da haben sie sich zunächst mit einer Ems-Radtour den Kreis Gütersloh erobert. 


In Bielefeld sieht sie jetzt noch ihre beiden Söhne – aber zuhause ist die wirkliche Dame mit der herzlichen, offenen und modernen Ausstrahlung nun eben an der Dalke. In ihren letzten Berufsjahren in der Arbeitsagentur hat sie sich mit dem Thema Chancengleichheit beschäftigt. Ein weites Feld… War die gemeint, von der Politiker seit Jahrzehnten reden? Ging es da um gleiche Bildungschancen für alle oder um gleiche Berufschancen von Frau und Mann?

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Gabriele Hiltl verweist darauf, dass sie in der Arbeitsagentur immer kostenlos gearbeitet haben. So war Niedrigschwelligkeit gesichert, ganz egal, wer da mit welchem Anliegen erschienen war. Sie habe das bei ihrem Arbeitgeber immer sehr geschätzt, dass sie nicht auf die finanzielle Situation schauen musste, wenn es darum ging, Frauen beim Wiedereinstieg in den Beruf zu begleiten. Gut war, dass sie den einzelnen Menschen in den Blick nehmen und so arbeiten konnte, dass das Individuum wieder zurückfand, entweder in die erste Ausbildung oder in ein Studium oder nach einigen Jahren Familienarbeit zurück ins Berufsleben. Sie habe eine erfüllende Berufslaufbahn gehabt, sagt Gabriele Hiltl zufrieden.

„Ich bin heute nur dankbar und sehr demütig über all das, was ich haben darf“, sagt die charmante Frau und strahlt dabei Glück und Angekommen sein aus.

Sie hat eine innere Überzeugung: „Tue Menschen nichts, was du selbst nicht möchtest. Geh mit ihnen gut um, weil du das für dich selbst auch möchtest.“ Sie könne hart diskutieren, aber Gabriele Hiltl mag es nicht, wenn jemand dabei Grenzen überschreitet, Menschen keine Tür lässt. 
Sie ist angekommen: im Leben, bei sich, in Gütersloh. So geht Glück.

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