Das Ende der alten Post

Mit einer Beißkraft von fast 100 Tonnen frisst sich die Abrissschere durch den Beton. Was vor vielen Jahrzehnten der Stolz der damaligen Bundespost war, befindet sich nun im Besitz einer gemeinsamen Projektgesellschaft des Gütersloher Unternehmens Hagedorn sowie des Bielefelder Projektentwicklers Christoph Borchard.

Text: Dr. Michael Zirbel

Der Gebäudekomplex an der Friedrich-Ebert-Straße/Kaiserstraße, direkt neben dem Gütersloher Hauptbahnhof, wird abgebrochen und macht Platz für eine neue Nutzung. Bis es so weit ist, gibt es jedoch noch einiges zu tun.

Zuständig für den Abbruch ist Andreas Westhues. Er ist Projektleiter bei Hagedorn und dafür verantwortlich, dass vor Ort alles reibungslos läuft – dass der richtige Bagger zur vereinbarten Zeit zur Verfügung steht, dass die abgetragenen Materialien zeitgemäß abgefahren werden und Reparaturen schnellstmöglich erfolgen. Hinter einem solchen Projekt steht jedoch nie nur eine einzelne Person, sondern immer ein engagiertes Team. Jeder Einzelne leistet einen wichtigen Beitrag – denn nur durch das Zusammenspiel vieler Köpfe und Hände kann ein Projekt erfolgreich realisiert werden.

Andreas Westhues ist ein Experte auf diesem Gebiet. Er hat eine Ausbildung zum Maschinenbaumechaniker absolviert und arbeitete später im Groß- und Einzelhandel, wo er Schweißtechnik verkaufte. Nach bundesweiten Einsätzen in der Brandschadensanierung ist er seit fünf Jahren bei Hagedorn beschäftigt. Dort leitet er unter anderem diverse „Azubi-Baustellen“. An kleineren Projekten wie dem Abriss eines Einfamilienhauses werden Auszubildenden die Grundlagen der Abbruchtechnik vermittelt.

Das ist auch notwendig. Die Zeiten der Abrissbirne und der unsortierten Entsorgung von gemischtem Abbruchmaterial sind längst vorbei. Heute geht dem Abbruch ein präzises Konzept voraus. Es startet mit der Erstellung eines Schadstoffgutachtens, das im Detail – und behördlich abgestimmt – den Umgang mit dem Material regelt. Wenn der Auftrag zum Abbruch vergeben ist, folgt eine Kette geübter Routinen. Die Baustelle wird eingerichtet, Pausen- und Toilettenräume erstellt und vor allem der Bauzeitenplan festgelegt.

Wichtig ist Andreas Westhues, dass das alte Postgelände „medienfrei“ ist, wie er es ausdrückt – also dass sämtliche Strom- und Gasanschlüsse gekappt wurden, um einen gefahrlosen Abbruch zu gewährleisten.

Zuerst räumt eine „Entkernungstruppe“ die Räume auf – sozusagen „besenrein“. Reste alter Möbel, Wärmedämmung oder Deckenvertäfelungen werden nach einem geübten Schema entsorgt. Dabei kommen manchmal auch Kuriositäten zutage: Im Postgebäude gibt es einen alten Bunker. Dort stehen noch Feldbetten, und eine an der Wand hängende Deutschlandkarte, die das Land in Sektoren teilt. Auf dem Boden liegt eine Inventarliste, die unter anderem – Ordnung muss sein – detailliert „eine Kaffeekanne, ein 12-teiliges Besteck und eine Kochplatte“ auflistet.

Beim Abbruch unterstützen Statiker das Projekt. Sie stellen sicher, dass tragende Bauteile – meist Treppenhäuser oder Fahrstuhlschächte – erst am Ende entfernt werden. Der Beton wird wiederverwendet, in Zeiten der Ressourcenschonung eine unverzichtbare Option. Er wird vor Ort grob zerkleinert, abgefahren und in einer Brechanlage auf Normgrößen geschreddert. Je nach Qualität wird er wieder Teil eines neuen Bauwerks.

Andreas Westhues schätzt den Postbau als „solide Substanz“ ein, auch wenn seine Maschinen hier vor keinen allzu großen Anforderungen stehen. Offenbar war beim Bau einst ausreichend Budget vorhanden – ein Teil der Fassade besteht aus Naturschiefer, ein baulicher Luxus, der heute kaum noch zu erwarten wäre. Die „klassischen“ Altlasten, wie man sie aus Bauten jener Jahre erwarten würde, sind beim alten Postbau in nur geringem Maße vorhanden.

Als abgeschlossen gilt der Abbruch, wenn das Gelände vollständig von allen Gebäuderesten befreit ist. Ein Abnahmeprotokoll und ein Entsorgungstagebuch stellen den ordnungsgemäßen Abschluss der Maßnahme sicher. So kann auch im Nachhinein festgestellt werden, welche Mengen welchen Materials entsprechend den Regeln entsorgt worden ist. Verantwortlich bleibt letztlich der Eigentümer der Liegenschaft.

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Was nach dem Abbruch kommt, ist spannend. Eine Toplage in der Innenstadt, direkt neben dem Bahnhof. Eine große Chance für Gütersloh, für Gewerbe, Wohnraum und andere Nutzungen, die Impulse für die kommenden Jahrzehnte setzen könnte.

Fotos: Hagedorn

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