Bleiben Sie zuversichtlich – aber wie?

Autor: gt!nfo

Fotos: LWL

28.09.2022

Bleiben Sie zuversichtlich – aber wie?

 

Essay: Professor Dr. Klaus-Thomas Kronmüller

 

„Bleiben Sie zuversichtlich“. Mit diesem Wunsch verabschiedet sich Ingo Zamperoni von uns, nachdem er in den Tagesthemen von der Lage in der Welt berichtet hat. Dabei berichtet er über Flutkatastrophen im Zusammenhang mit dem Klimawandel, über Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, den Krieg in Europa, der in seinen Auswirkungen immer näher rückt und über Menschen, die ihre Heimat verloren haben und auf der Flucht sind.

 

Mittlerweile wird schon vom Verlust unserer Illusionen gesprochen. Der Illusion von einem friedvollen Miteinander in Europa, einer Festigung der Demokratien und Toleranz zwischen den Menschen. Von dem Wunsch nach einem harmonischen Verhältnis im Umgang mit der Natur, eines immer zunehmenden Wohlstandes, ein immer gesünderes und glücklicheres Leben in Freiheit, mit Solidarität und Toleranz. Dieser Verlust an Illusionen geht für viele Menschen mit zunehmenden Belastungen und Beeinträchtigungen, auch der psychischen Gesundheit, einher. Besonders betrifft dies jüngere und ältere Menschen, aber auch Menschen, die schon vor dieser Krisenzeit unter psychischen Problemen gelitten haben.

 

„Bleiben Sie zuversichtlich“ – mit diesen Worten werden wir nach den Tagesthemen in die Nacht verabschiedet. Aber wie soll das gehen, zuversichtlich zu bleiben oder zuversichtlich zu werden angesichts der ganzen Probleme, die zunehmend näher an uns heranrücken und unseren Alltag prägen?

 

Gut für die Seele

Heute wissen wir aus zahlreichen wissenschaftlichen Studien, dass Zuversicht ein wichtiger Teil der seelischen Gesundheit ist und dass Menschen ohne Zuversicht anfälliger sind für körperliche und seelische Erkrankungen. Zuversicht bedeutet dabei die feste Überzeugung, dass Dinge sich zum Guten oder Positiven entwickeln und verändert werden können. Mit Zuversicht ist nicht eine naive Hoffnung gemeint, dass alles gut wird oder auch nicht gemeint, negatives Denken durch positives Denken zu ersetzen. Zuversicht meint, sich trotz aller Probleme nicht entmutigen und demoralisieren zu lassen. Zuversicht heißt, also den Ernst der Lage durchaus zu erkennen und zugleich aber Handlungsspielräume wahrzunehmen und zu nutzen.

 

Zuversicht braucht Zeit

Zuversicht ist dabei nicht nur ein Gefühl, das wir haben oder nicht haben. Vielmehr muss Zuversicht jeden Tag neu erworben und gestärkt werden. Die Quellen der Zuversicht sind dabei für einzelne Menschen sehr verschieden. Für alle aber gilt, dass Zuversicht Zeit braucht und wir uns Zeit nehmen müssen, zuversichtlich zu werden oder zuversichtlich zu bleiben. Es hat sich in Studien gezeigt, dass Menschen, die sehr viel Zeit mit negativen Nachrichten verbringen, es schwerer haben, diese Zuversicht zu behalten. Die Tätigkeiten oder Aktivitäten, die uns helfen zuversichtlich zu sein, können sehr unterschiedlich sein.

 

Ein tragendes Gefühl

Manche Menschen finden diese Zuversicht im Glauben und im Vertrauen auf Gott. So schreibt man Martin Luther das Zitat zu, dass wenn er wüsste, dass morgen die Welt unterginge, er heute noch einen Apfelbaum pflanzen würde. Menschen, die ihre Zuversicht nicht im Glauben finden, suchen andere Wege. Letztlich ist Zuversicht nicht nur eine Haltung, sondern auch ein tragendes Gefühl. Manchen Menschen gelingt es an bestimmten Orten, wie zum Beispiel in der Natur, diese Zuversicht zu finden und zu erleben, andere finden diese in der Musik oder in ihnen persönlich wichtig gewordenen Büchern. Zuversicht gewinnen kann man aber auch in einem Gespräch mit Freunden, auch wenn man über die belastenden Dinge, die uns überall umgeben, spricht.

 

Zuversicht ist ansteckend

Immer wieder treffen wir aber auch auf Menschen, die Zuversicht ausstrahlen und die uns mit ihrer Zuversicht anstecken können. Insofern ist es wichtig zu versuchen, sich die eigene Zuversicht zu erhalten und zu schauen, welches die eigenen persönlichen Quellen der Zuversicht sind und sich für diese auch Zeit zu nehmen. Zuversicht führt dabei nicht dazu, die Augen zu verschließen vor den drohenden Belastungen und Gefahren, sondern einen Bereich zu finden, der uns Mut und Kraft gibt, trotz dieser Gefahren den eigenen Weg zu gehen. Manchmal ist es einfacher diesen Weg, die eigene Zuversicht zu finden, nicht alleine zu gehen und diesen Weg gemeinsam mit anderen Menschen zu finden. Angebote, die eigene Zuversicht zu stärken und damit die psychische Gesundheit zu stärken, finden Sie auch in der 8. Gütersloher Woche der Seelischen Gesundheit, aber auch in den Angeboten des Recovery College Gütersloh.

 

Auch im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung wird häufig an der Förderung der Zuversicht gearbeitet. Dazu werden vor allem Gedanken und Faktoren hinterfragt, welche die Zuversicht systematisch reduzieren. Am Ende werden in der Psychotherapie auch Strategien gelernt, wie man Demoralisierung vermeiden und Zuversicht gewinnen kann.

 

Bleiben Sie zuversichtlich, aber wie? Zuversicht ist nicht etwas was wir haben oder nicht, sondern was wir immer wieder fördern und entwickeln müssen. Es lohnt sich, sich auf diesen Weg zu machen, sich Zeit zu nehmen, etwas für seine eigene seelische Gesundheit zu tun.

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