Ein bisschen mache ich schon noch ...

Markus Corsmeyer

Autor: Markus Corsmeyer

Fotos: Wolfgang Sauer

16.04.2021

Herr Bruchhagen. Was machen Sie gerade so?


BRUCHHAGEN: Nichts (er schmunzelt). Ich bin 72 Jahre alt und Rentner, verfolge die Bundesliga und arbeite ein wenig für den Sender Sky als freier Mitarbeiter.


Klares ostwestfälisches Understatement. Soweit ich weiß, sind Sie noch im Kuratorium der Egidius Braun-Stiftung und auch im Vergütungsausschuss des DFB ...


Okay, ein bisschen mache ich schon noch. Im Vergütungsausschuss haben wir im vergangenen Jahr insgesamt zwölf Mal getagt ... Wir sind ein völlig autarker Ausschuss, und das Präsidium des DFB folgt unseren Empfehlungen. Wir sind fünf Personen – alle frei von Ämtern. Hier geht es darum, den Verdienstausfall von ehrenamtlich Tätigen zu bewerten. Das ist schon zeitintensiv.


Auf Initiative des Vergütungsausschusses ist zum Beispiel das Gehalt des DFB-Präsidenten Fritz Keller gedeckelt worden ...


Wir haben eine Deckelung von 246.000 Euro festgelegt – und wir haben Wert darauf gelegt, dass dies auch veröffentlicht wurde.


Warum ist der Vergütungsausschuss aktuell so wichtig?


Weil die Grauzonen so groß geworden sind. Früher wurden die Ausschusssitzungen nach Verdienstausfall geregelt. Ein Volksschullehrer ist einfach zu bewerten. Aber Freiberufler haben oftmals fantasievolle Verdienstausfälle. Wir haben klare Strukturen geschaffen, damit jeder öffentlich einsehen kann, was die Leiter und Mitglieder der Ausschüsse an Sitzungsgeld bekommen. Transparenz ist heute eine zwingende Notwendigkeit.


Themenwechsel: Sehen wir Sie vielleicht noch mal in einer Funktion bei einem Bundesligisten? Vielleicht Schalke 04 ...


Das Aufgabenfeld bei einem Verein wie Schalke in so einer Situation ist extrem groß. Da gibt es viele Führungsaufgaben innerhalb eines mittelständischen Unternehmens – das kann und will ich nicht mehr leisten.


Wie beurteilen Sie die aktuelle Finanzsituation in der Bundesliga?


In den vergangenen 15 Jahren hat sich das Eigenkapital der Vereine durch die gigantischen Fernseheinnahmen extrem verbessert. Jetzt sind diese Einnahmen noch nicht weggebrochen. Sie sind nur leicht gemindert. Die finanziellen Folgen für die Vereine durch die Pandemie kann man noch nicht abschätzen. Alle Vereine wissen aber, dass sie zukünftig den Gürtel enger schnallen müssen. Jetzt sind die Manager gefordert. Es hat seit 1963 in der Bundesliga noch nie eine Rezession gegeben. Die Finanzvorstände werden zukünftig eine wesentlich größere Bedeutung bekommen, und gleichzeitig müssen die Sportvorstände richtiges Kostenmanagement betreiben.  


Corona hat auch Auswirkungen auf die Bundesliga. Wohin geht die Reise? Wird es kurzfristig wieder Zuschauer geben?


Man kann sich im Augenblick gar nicht vorstellen, dass in Dortmund 18.000 Zuschauer in der legendären „gelben Wand“ stehen. Körper an Körper. Man hat ja die Hoffnung, dass die Pandemie irgendwie mal wieder beherrschbar sein wird und es wieder Besucher beim Fußball geben kann. Ausverkaufte Stadien – gerade im Stehplatzbereich – kann ich mir aber gerade wirklich nicht vorstellen.


Wie ist aktuell Ihre Beziehung zu Gütersloh?


Gut. Ich bin regelmäßig im Weinhaus, gehe natürlich bis zu meinem Lebensende bei Eusterhus einkaufen – gelegentlich gehe ich auch in den Heidewald. Zweimal im Monat fahre ich mit Helmut Jonscher, Axel Preuß, Jochen Werner, Heiner Diesen (ehemalige Gütersloher Fußballer; die Redaktion) und anderen Fahrrad.


... und verfolgen Sie den Fußball in Gütersloh auch?


Na klar. Ich habe eine Whats-App-Gruppe mit Thomas Hagedorn, Rob Reekers, Frank Welsch und Reinhard Beckord ... das ist eher eine Mischung aus Sport und Spaß. Aber: Ich hoffe, dass der FCG mindestens Regionalliga spielt. Das muss der Anspruch hier sein. Der Verein ist bestens aufgestellt, die Mannschaft muss das aber auf dem grünen Rasen auch umsetzen.


Wie sieht Ihre Bilanz in der Bundesliga aus?


Ich kann für mich in Anspruch nehmen, dass ich in keinem Jahr meiner Bundesligatätigkeit einen negativen Etat abgeschlossen habe. Auf der Etappe hat mir mein hartes Finanzgebaren zum Teil auch Kritik eingebracht – in der Rückwärtsbetrachtung der Tour wird es mir jedoch sehr positiv angerechnet.


Gibt es etwas, dass Sie im Fußball gerne erreicht hätten?


Ich wäre natürlich gerne Bundesliga-Fußballer geworden. Das hat leider nicht geklappt. Ansonsten bin ich sehr zufrieden.

Im Gespräch

Heribert Bruchhagen

Heribert Bruchhagen

Heribert Bruchhagen ist einer der bekanntesten Fußball-Experten in Deutschland. Seine erfolgreiche Arbeit als Fußballer, Fußballfunktionär und Manager machen ihn zu einem der profundesten Kenner der nationalen und internationalen Fußballszene.

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